Am Erker 62

Ingritt Sachse: 'in schattengängen streut licht'

Links:

Athena Verlag
Ingritt Sachse

 
Rezensionen
Ingritt Sachse: in schattengängen streut licht
 

Grund aus Liedern und Geschichten
Rolf Birkholz

Zu Beginn "greift meine kinderhand / in einen grund aus / liedern und geschichten // fallen federn schwarz und / bunt mein neues kleid / mein tanz". Dieser Anfang gibt den Ton an in Ingritt Sachses Gedichtband in schattengängen streut licht. Auch die Erwachsenenschreibhand - oder ist sie dann auch Kinderhand? - arbeitet mit dem Material der Jahre und des Tages.
Das kann eine Variation des Märchens vom Froschkönig sein oder eine heitere, assoziative Lautkette: Von Rosen und Rosinen "geht es mit der alten / rosinante zu der / allerliebsten tante" bis zu Rosenmund und Rosenkohl. Aber so unbeschwert wie etwa auch in dem weiblich-listigen "du brauchst mir keine / stöckelschuh / zu schenken" gibt sich die lyrische Person nicht immer, und wo das Leben wie am Schnürchen läuft, "ver- / strick ich mich in / vor / zurück / zerreiß den strick"
In ihren Gedichten tastet sich die in Bonn lebende Autorin, geboren 1946, durch Gedanken- und Gefühlswelten, in klangbewussten, gelegentlich überbebilderten Kurzversen, die für eine durch "brandsätze der träumer" beleuchtete Anderswelt stehen mögen.
Mit dem Anfang korrespondiert gegen Ende des Buchs ein Gedicht zu Christian Boltanskis Installation "Vanitas": "tanz auf der geister: / blassen wandhaut schatten: / tanz / bemessen / in der höhle taktet / zeit / sekundengrab ver: / schwinden und ver: gehen / mensch: sein / tanz: sein / schatten".

 

Ingritt Sachse: in schattengängen streut licht. Gedichte. 83 Seiten. Athena (edition exemplum). Oberhausen 2011. € 10,90.